Leseprobe Nr. 1
Weil die ungläubige Verwirrung durch seine Erklärungsversuche noch zugenommen hatte, setzte Gott nach: „Wahrnehmen kann ich das nur, weil eben alles ‚gleichzeitig‘ ‚da‘ ist. IST, meine Herren, Wirklichkeitsform, nicht Möglichkeitsform, gleichzeitig, meine Herren, alles gleichzeitig! Seit Anbeginn bin ich gleichzeitig im Universum und das Universum ist in mir, richtiger, ich bin eine Metapher für das Universum und das Universum ist eine Metapher für mich. Verstanden?“
„Ist das so ein Kōan?“ Kriemelmeyer zeigte wieder sein Strebergesicht. Alle anderen schauten verwirrt an Gott vorbei. „Metaxa haben wir auch nicht“, antwortete der Enzianwirt nach einer Weile. „Danach habe ich auch nicht gefragt. Aber“, setzte Gott nach, „Metaxa ist auch gut. Manchmal schlägt Metaxa jede Metapher und erfüllt die Synapsen mit warmer Zuversicht. Übrigens haben Sie trotzdem welchen, 70 Jahre alten, im Barfach in Ihrem Wohnzimmerschrank. Privat und allein trinken Sie so etwas Gutes schon, nur Ihren Gästen gönnen Sie es nicht.“ „Ja, äh, stimmt, total vergessen, woher ...?“ „Ich weiß es eben, wie ich auch alles andere weiß. Daran sollten Sie sich langsam gewöhnt haben. Nun holen Sie ihn schon. Wir benehmen uns hier auch, bis Sie wieder zurück sind. Wir trinken dann diesen edlen Tropfen zu Ehren Arno Schmidts: neunzehnter Todestag heute.“
42 % stand auf der Flasche, die Horst, der Enzianwirt, schließlich anschleppte. „Zweiundvierzig“, Gott schnalzte mit der Zunge, „so viele Umdrehungen, wie das Universum Dimensionen hat. Das ist ein gutes Vorzeichen.“
‹Herrgott zwo null› (Arbeitstitel) wird als überarbeitete und zu einem Kurzroman erweiterte Fassung der Erzählung ‹Der Herrgott beim Enzianwirt am Wilseder Berg› am Nikolaustag fertig geschrieben sein und irgendwann im neuen Jahr in kleiner limitierter Auflage herauskommen. Wer sich jetzt schon ein Exemplar sichern möchte: Mail an herrgott(AT)irrationale(DOT)net