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Alltagsschnipsel # 101 - # 110

31. März 1974, 19 Uhr, Wunstorf: Gunnar S. (23) motzt gegen seine Clique, weil er beim Chinesen keine Currywurst kriegt: »Steckt euch euer Süß-Sauer sonst wo hin. Ostern ist für mich gelaufen.« 1. April 1974, 9 Uhr, Altwarmbüchen: Frühstückspause. Stefan T. (30) plaudert aus dem Nähkästchen: »War mal mit ner Spanierin verheiratet; immer so spät Abendessen, danach noch Bett, zu anstrengend; jetzt hab ich ne Freundin in der DDR, einmal im Jahr im Urlaub hin, das reicht.« 2. April 1980, 20:05 Uhr, Liebenau: »Und drin isser. Sag ich doch, Namen machen Tore. Wenn der Gerd nicht mehr dabei ist, tut sie der Hansi rein.« Detlef M. (42) öffnet die nächste Flasche Herforder, lehnt sich zurück und zündet seinen Stumpen wieder an. 3. April 1956, 8:55 Uhr, Leeseringen: Der Zwergschullehrer Berthold M. (58) zerschlägt seinen Rohrstock auf dem Rücken von Heiner B. (2. Klasse). 4. April 1998, 8:20 Uhr, Nienburg/Weser: Fart Man, ja, das wäre ein schönes Computerspiel, denkt Wolfram S. (34), als sich die anderen Gäste bei Paolo zu ihm umdrehen. 5. April 1978, 12:30 Uhr, Göttingen, Zentralmensa: Der Theologiestudent Lothar E. (25) hämmert wütend auf den Essensmarkenautomaten ein. Die Soziologiestudentin Almut G. (20) macht ihn auf das Schild aufmerksam: »Bei Störungen, den Kopf, nicht die Faust benutzen.« Das tut weh, hat jemand darüber gekritzelt. 6. April 1980, 18:30 Uhr, Neustadt am Rübenberge: »Kaffee ist Hetze und Kapitalismus, Tee dagegen innere Ruhe und Weisheit.« Arno S. (25) gießt den Flowery Orange Pekoe vorsichtig aus der Kanne in die irdenen Schälchen. »Das wußten schon Buddha, Jesus und Sun Bear, Alter.« 7. April 1973, 18:30 Uhr, Hannover-Herrenhausen: Während im Fernseher die Sportschau läuft und der Stammtisch die Niederlage von 96 diskutiert, unterhalten sich der dicke Wirt und der V-Mann, den hier alle nur Harry nennen, halblaut über Pferderouladen, meinen aber Schußwaffen. 8. April 1969, 10:35 Uhr, Nienburg, Albert-Schweitzer-Schule: Hier endet der demokratische Sektor der Bundesrepublik Deutschland. »Nehmt sofort das Schild da weg!« Hausmeister S. stürmt aus seiner Wohnung. »Oder ich sorge dafür, daß ihr hier nicht mehr rauchen dürft.« 9. April 1994, 23 Uhr, Kohlenweihe: Blaulicht im Rückspiegel. »Nicht schon wieder! Bestimmt zwei Promille.« Werner M. (48) gibt Gas, hält hinter der scharfen Rechtskurve an, springt aus dem Wagen, wirft den Schlüssel ins Gebüsch und ruft: »Hermann, Hermann, lauf doch nicht weg!«

Alltagsschnipsel # 91 - # 100

21. März 1986, 16:45 Uhr, Leeseringen: »Feierabend!« Ernst-August M. (56) behält die Arbeitsklamotten an. »Heute wird der Wald gefegt. Ist bald Ostern, da muß alles sauber sein.« 22. März 1974, 18 Uhr, Hannover: Dana M. (32) ist kurz davor, ihren Mann Ivo (35) zu ohrfeigen. Nur noch zwölf Mark in der Lohntüte. Wieder einmal hat er fast den ganzen Wochenlohn auf dem Autostrich in Altwarmbüchen durchgebracht. 23. März 1971, 9:30 Uhr, Flugplatz Achum: »Habe ich Sie erwischt!« Hauptmann N. (32) klopft an die Scheibe des Sanka. »Wo gibt's denn so was? Lesen im Dienst. Das wird Folgen haben.« 24. März 1970, 16 Uhr, Nienburg/Weser: »Wer im Frühling keine Braut hat, der verdient auch im Herbst keine Frau«, trällert der Lohnbuchhalter Helmuth S. (41) traurig vor sich hin, als er auf dem Wall am Mädchengymnasium vorbeispaziert. 25. März 1964, 17 Uhr, Schinna: »Junge, schlag dir die Flausen aus'm Kopp! Lern 'n anständigen Beruf.« Heinrich M. (33) zu seinem Sohn Holger (14): »Am besten Mörker; gebaut wird immer.« 26. März 1980. 12:30 Uhr, Leeseringen: Mittagspause: Das Schnitzel vom Schlemmerexpress schmeckt pappig; jemand hat »Die Harke« geklaut, die Kollegen teilen sich eine »Bild«; der Rücken schmerzt; der Führschein ist immer noch weg. Lothar W. (30) ist durch und durch unzufrieden. 27. März 1968, 15:30 Uhr, Nienburg: Die Studienrätin Frieda M.-J. (34) lädt den Gammler, der gerade am Springbrunnen vor dem Kaufhaus Fischer von einem Ex-Fremdenlegionär zusammengeschlagen worden ist, zu dessen Erstaunen für den nächsten Tag in ihren Religionsunterricht ein. 28. März 1970, 20:45 Uhr, Münchehagen: »Koks, Ätsch, Shit, Trips, was dein Herz begehrt, Alter.« Werner S. (22) versucht, draußen vor dem Eingang des Kanbach Geschäfte zu machen. 29. März 2002, 12:30 Uhr, Duderstadt: »Zeit fürs Mittagessen!« Erwin S. (78) wird es selbst mit dem Sofakissen als Unterlage am Fenster langsam unbequem. 30. März 1973, 20:15 Uhr, Sandkrug Estorf: Die Tenöre des Männergesangvereins Orpheus bestellen eine Runde rohe Eier.

Alltagsschnipsel # 81 - # 90

11. März 1964, 17:40 Uhr, Warmsen: »Das kannst du mir nicht verbieten …« Schon wieder Bernd Spier im Radio. Gertrud T. (32) dreht mit Blick auf ihren Mann Gerhard (35) den Loewe Opta voll auf. Der zieht den Stecker. 12. März 1990, 15:30 Uhr, Schäferhof: Die Woche fängt ja gut an, grummelt Horst K. (46) vor sich hin, als er die Bundesstraße überquert, schon fünf Trabis, die unsere gute Luft verstänkern. 13. März 1964, 9:50 Uhr, Nienburg/Weser: Freitag, der 13., als hätte ich's geahnt. Studienassessor M. (27) läuft puterrot an; dritte Stunde, der Hosenstall wohl die ganze Zeit schon offen, und niemand hat was gesagt. 14. März 1971, 20:45 Uhr, Pennigsehl: Männer, denkt Karin T. (19), als sie eine Dreiviertelstunde vor dem Treffpunkt Linderkamp auf ihre Zufallsbekanntschaft vom Wochenende zuvor gewartet hat und nun allein hineingeht. 15. März 1996, 17:15 Uhr, Hallenbad Nienburg/Weser: Matthias S. (32) verirrt sich in die Frauenumkleide und findet nicht allein wieder heraus. 16. März 1972, 17:45 Uhr, Meinkingsburg: »Wenn eent rut is, mutt dat neegste all weer rin. Prost!« Schorse S. (33) begießt mit Arbeitskollegen die Geburt seines sechsten Kindes. 17. März 1975, 21:15 Uhr, Göttingen: »Wer Dieter nicht kennt, hat Göttingen verpennt.« Der BWL-Student Dieter B. (21) begrüßt das Publikum im Nörgelbuff. 18. März 1965, 9:45 Uhr, Nienbur/Weser: Eine Mark für ein Blatt aus einem FKK-Heft? Jürgen U. (15) findet das günstig und zahlt. 19. März 2001, 21:30 Uhr, Göttingen: »Komm, wir beide ziehen jetzt los und machen Scherbendemo. Wie in alten Zeiten.« Der Vorschlag von Ralf B. (43) trifft bei seinem Gegenüber (51) auf wenig Gegenliebe. »Laß uns lieber einen durchziehen. Das entspannt mehr.« 20. März 1974, 18 Uhr, Hannover: Dora W. (20) dreht sich peinlich berührt um und mag von den beiden Gestalten, die mit eingepflanzten Ripperzähnen feixend vor dem Fenster der Buchhandlung stehen, in der sie ausgebildet wird, nicht mehr abgeholt werden.

Verhaltensforschung

In Krisenzeiten ziehen die Graugänse gemeinsam los und kaufen Tirolerhüte, um ihren Wiedererkennungswert zu erhöhen. Bei Menschen, so Professor Lorenz, habe er ein solches Verhalten noch nicht beobachten können.

Alltagsschnipsel # 61 - # 70

19. Februar 1956, 14:30 Uhr, Leeseringen: Der Melker Hans W. überquert mit seinen beiden Söhnen die Weser zu Fuß. 20. Februar 1964, 9:45 Uhr, Nienburg/Weser: Der Schüler Robert K. (14) gibt mit einem scharfen Revolver von innen durch die geschlossene Toilettentür drei Schüsse ab, die niemanden treffen. Als Vorsichtsmaßnahme läßt die Schulleitung alle Toilettentüren aushängen. 21. Februar 1961, 13 Uhr, Erichshagen: Studienrat Rudolph B. (40, Kriegsteilnehmer) droht mit Scheidung. Seine Ehefrau Lieselotte (34) hat das Gulasch Hawaii ohne Sahnehäubchen serviert. 22. Februar 1972, 11:30 Uhr, Kreuzberg: Der Sinologiestudent Rolf K. (21) wacht auf, wundert sich, daß die Revolution immer noch nicht ausgebrochen ist und dreht sich wieder um. 23. Februar 2016, 7:45 Uhr, Krebeck: Der Rentner Justus K. (68) rasiert sich mit einer abgebrochenen Ecke der Rasierklingenverpackung aus Hartplastik und beschließt, seine Entdeckung in einem Ratgeber für sparsames Leben unterzubringen. 24. Februar 1981, 23:30 Uhr, Estorf: Wäre schön, wenn sie hier das Bordell erlaubt hätten, denkt Hans S. (38), als er auf dem Nachhauseweg von der »Post« Licht hinter den Fenstern der alten Molkerei sieht, dann könnte ich mit dem angebrochenen Abend noch was anfangen. 25. Februar 1966, 21:20 Uhr, Estorf: Als kurz vor dem »Goldenen Schuß« der Fernseher nur noch Schnee zeigt, hämmert Karl E. (32) vergeblich mit der Faust auf den Apparat ein, übersieht aber zu deren Glück die feixenden Gestalten mit dem Kabelschneider draußen vor dem Fenster. 26. Februar 1961, 21:15 Uhr, Leeseringen: Was soll ich nur mal werden, überlegt Lothar W. (11), als er nach Dickie Dick Dickens im Bett liegt, Ingenieur, Millionär oder Gangster in Chicago, hat alles seine Vor- und Nachteile, kann sich nicht entscheiden und schläft darüber ein. 27. Februar 1979, 20:10 Uhr, Göttingen: »Für mich die 1, bitte, und ein Bier«, entscheidet sich die Studentin Sabine S. (23), als der Kea von Claus-Peter C. (30) zur Begrüßung »Liebe, Arbeit, Wissen« krächzt. 28. Februar 1982, 20:15 Uhr, Bücken: Elfriede (69) und Heinrich (72) M. wundern sich sehr über die Einrichtung und die gesalzenen Preise, als sie einmal etwas für ihre Gesundheit tun wollen, auf den Tatort verzichten und den neueröffneten Saunaclub besuchen.

Alltagsschnipsel # 41 - # 50

30. Januar 1974, 18 Uhr, Hannover: Auf dem Weg zum Treffpunkt sieht der Versicherungskaufmann Holger K., wie seine Verabredung mit seinem Doppelgänger im Café Güse verschwindet, und tröstet sich mit sieben Bommerlundern. 31. Januar 1972, 9:20 Uhr, Jägerkaserne Bückeburg: Als Vergeltung für die Schließung der Arrestzellen »aus hygienischen Gründen« durch den Stabsarzt S. ordnet der Kommandeur Haarappell für alle Soldaten des San=Bereichs an und führt ihn persönlich durch. 1. Februar 1971, 19:30 Uhr, Achum: Wie alle Augenzeugen und er selbst bestätigen, stolpert der Sanitätsgefreite M., stürzt durch ein geschlossenes Fenster im ersten Stock und verstaucht sich einen Fuß. Die Scheibe bleibt unversehrt. 2. Februar 2011, 11 Uhr, Göttingen: Fasziniert betrachtet der arbeitslose Sozialwissenschaftler Marcel K. die eilenden Menschen schräg unter ihm auf der Weender Straße, traut sich aber nicht, das Fenster zu öffnen und die Welt zu sich hineinzulassen. 3. Februar 1978, 15 Uhr, Göttingen: Als der Jurastudent Thomas R. (22) aus dem Porsche steigt, sich von der Fahrerin Heidrun R. (42) mit einem angedeuteten Kuß verabschiedet und aus den Augenwinkeln den Mann mit der Kamera erspäht, weiß er, daß er einen Fehler gemacht hat. 4. Februar 1969, 19:20 Uhr, Winzlar: Als die Verkäuferin Ulrike B. (19) den Heiratsantrag zurückweist, den er während der Bezaubernden Jeannie (51. Folge: Toni, bleib bei deinen Leisten) stellt, ist der Schlosser Bernd J. (22) schwer empört: Das Kind muß doch einen Vater haben! 5. Februar 2011, 8:30 Uhr, Bruchhausen: Die Dösköppe sind selbst schuld, wenn sie nicht mehr bei mir leben wollen, denkt der Buchhalter Marco D. (36), als er acht von den zehn Brötchen, die er gerade gekauft hat, in den Papierkorb an der Bushaltestelle entsorgt. 6. Februar 1974, 10:25 Uhr, Hannover: »Warte, warte, nur ein Weilchen …«, summt der Physikstaudent Cord H. (23) vor sich hin, als er durch die Rote Reihe in der Calenberger Neustadt schlendert und an der Nr. 4 vorbeikommt. 7. Februar 2015, 11 Uhr, Göttingen Leineberg: Stefan T. (41, Jogginghose, schwarzkapuzig, aus zwei Flaschen beidhändig trinkend) schwankt auf die Straße, die Frau im weißen Golf bremst sanft, winkt ihn vorbei; er wedelt mit dem Öttinger in der Linken: »Hallo, Gräfin!« 8. Februar 1976, 1:00 Uhr, Trou Göttingen: Nebenan tanzen die Hintern zu Lady Bumb, an der Theke haut Ute C. (26, in Schwarz) jeden Mann über 30 um einen Drink an, denkt aber nicht daran, auch nur bei einem einzigen das Versprechen einzulösen, ihn mit nach Hause zu nehmen.

Alltagsschnipsel # 31 - # 40

20. Januar 2002, 11 Uhr, Schneverdingen: Traurig betrachtet Küster Klaus-Dieter M. die Handvoll ihm noch wenig vertrauten Münzen im Klingelbeutel. 21. Januar 1997, 9:10 Uhr, Asendorf: Als Christel L. (62) mit einem Einkaufsnetz in der Hand aus der Tür kommt, weiß Torsten M. (32), daß er zwölf Stunden und zwanzig Reval vor dem falschen Haus auf das Objekt seiner Begierde gelauert hat. 22. Januar 1976, 10:50 Uhr, Göttingen: Der Lehramtsstudent Ingolf W. schreibt mit einem dicken Filzstift »Werner H. Weltmeister der Ausgebeuteten und Unterdrückten« auf eine Toilettentür im vierten Stock des Blauen Turms und malt einen Penis dazu. 23. Januar 2006, 8:25 Uhr, Ostrhauderfehn: Der Fliesenleger Dietmar Burhenne eilt die schier endlose Hauptstraße entlang und kommt beim Zählen seiner Schritte sowie der bis zum Ziel noch zu bewältigenden Laternenmasten ständig durcheinander. 24. Januar 2010, 11:25 Uhr, Holzminden: Als Daniel S. bemerkt, daß der Springerzug, den er gerade ausführen will, ihn ins Verderben führt, rührt er mit der Figur seinen Kaffee um und stellt sie – oh, hab mich vertan, doch nicht der Löffel – wieder auf ihren Ursprungsplatz zurück. 25. Januar 1981, 9:10 Uhr, Bollmanns Krankenhaus Nienburg/Weser: Der Hilfsarbeiter Udo S. beharrt auf seinem Recht auf sexuelle Zuwendung durch weibliches Pflegepersonal, wie es im ‹Krankenschwesternreport› dokumentiert sei. 26. Januar 2015, , 19:50 Uhr, Göttingen: Den Theologiestudenten Nico H. ergreift Panik und er fordert den Fahrer auf, sofort anzuhalten, als ihm dämmert, daß er im 42er Bus sitzt, aber weder Handtuch noch Bier noch Erdnüsse bei sich hat. 27. Januar 2016, 18 Uhr, Leeseringen: Klaus K. (69) verflucht den Zigarettenautomaten, der seinen Führerschein nicht anerkennen will, und denkt wehmütig 60 Jahre zurück: für 50 Pfennig bei Steinhauer eine kleine Schachtel Eckstein für sich und seine Freunde, ganz ohne Nachfrage. 28. Januar 1969. 21:45 Uhr, Dudensen: Als er den Totschläger, die schwere Kette und den Schlagring zu seinen Füßen entdeckt, findet Lothar E. (20) die Idee gar nicht mehr so gut, zu den beiden Rockertypen in den P 2,6 zu steigen. 29. Januar 2007, 9:20 Uhr, Göttingen: Sie könne nicht ewig so faul und lustig weiterleben, beschied der Arbeitsberater Gunnar H. die arbeitslose Germanistin Christine S., als sie die Maßnahme in der Brockensammlung ablehnt. Mit ihr zu tauschen, weist er entrüstet von sich.

Alltagsschnipsel # 11 - # 20

31. Dezember 1966, 23:59 Uhr, Estorf: Der Schüler Ernst-Albrecht B. zündet im Vorgarten einen selbstgebastelten Knallkörper und sprengt ein sechzig Zentimeter tiefes Loch in den Rasen. 1. Januar 1974, Brüninghorstedt: Die Arzthelferin Inge S. kommt um zwei Uhr morgens auf der Rückfahrt von einer Silvesterfeier im dichten Nebel von der Landstraße ab und landet ohne jeglichen Schaden in einem Wäldchen. Ihr Beifahrer ist leider zu betrunken. 2. Januar 1972, 22:45 Uhr, Münchehagen: Gastwirt Willi Kanbach (Münchehagener Hof, Kneipe mit Musik) zwingt DJ Stolle, die Caprifischer aufzulegen. 3. Januar 1990, 21:30 Uhr, Nienburg/Weser: Der Zerspanungsmechaniker Andreas S. und sein Deutscher Schäferhund nehmen in der Lehmwandlung die Spur des Spanners auf und hindern ihn am Ende daran, von einem Balkon im ersten Stock hinunterzuklettern. 4. Januar 1973, 17:12 Uhr, Hannover: Die Postangestellte Ingrid Grothe läßt in der Haushaltswarenabteilung des Kaufhauses Karstadt zwei Dutzend Topfkratzer in ihre Handtasche verschwinden. 5. Januar 1958, Leeseringen: Nach der Verkündigung der Lottozahlen in den Mittagsnachrichten verprügelte der Volksschullehrer Berthold M. (61) seine Frau, weil sie, um die Haushaltskasse zu schonen, den Lottoschein nicht abgegeben hatte. 6. Januar 2005: Der Bauchredner Mehmed Youssef geht mit einer Pappkrone auf dem Kopf und je einer Puppe links und rechts in Beuren im Eichsfeld von Tür zu Tür und bittet um milde Gaben, wird aber durch die Bank abgewiesen. 7. Januar 1981, Groß Varlingen: Horst T. kippt seinen Hühnern ein halbes Fläschchen Beta-Carotin, das er von seinem Arbeitsplatz hat mitgehen lassen, in die Tränke. »Ist doch Winter und keine Sonne.« Fünf Monate lang legen seine Hennen Eier mit tiefdunkelorange gefärbtem Dotter. 8. Januar 1968, Leeseringen: Um auch in den Genuß des neuartigen Farbfernsehens zu kommen, verkleidet Hans E. den Bildschirm seines Schwarz-Weiß-Geräts mit Buntpapier, tapeziert Wände und Decken mit Aluminiumfolie und schließt diese mit einigen Drähten an die Antennenbuchse an. 9. Januar 1972, 22:18 Uhr, Deutsch Evern: Brigitte R. und Werner S. singen während des Orgasmus den Refrain der Internationale.

R.I.P. Thomas Oppermann

Sonntag, 29. Juli 2001 spätabends. Ich komme aus Nienburg und steige in Hannover in den RE nach Göttingen um. Der Zug ist rappelvoll. Ein bunter Haufen: St.-Pauli-Fans auf dem Rückweg vom Heimspiel gegen Hertha (0:0), queere Leute, die von der Loveparade kommen, dazwischen ein paar Nazis aus der Blase von Thorsten Heise. Ich muß aufs Klo. Auf dem Weg kommen mir laut grölend drei Nazis entgegen, die Rechte zum Hitlergruß erhoben, die dazu auffordern, zurückzugrüßen. Ich beschließe, sie vollständig zu ignorieren, und gehe durch sie hindurch, als seien sie nicht vorhanden. Das gelingt nicht ganz. Ich touchiere einen von ihnen mit meiner rechten Schulter. Das Milchgesicht jammert, ich habe ihm zwei Zähne ausgeschlagen. Er blutet aber noch nicht einmal. Sie machen kehrt und laufen hinter mir her. Drei ihrer Kameraden schließen sich der Jagd an. Im Fahrradwagen geht es nicht mehr weiter. Ich stehe mit dem Rücken zur Wand. Die Nazis bauen sich mir gegenüber und drohen, mich aus dem fahrenden Zug zu werfen. Ein kleiner Mann in einer schwarzen Jacke, die ein wenig an eine Uniform erinnert, wie sie von Sicherheitskräften getragen wird, steht auf und stellt sich zwischen mich und die Nazihorde; wie sich später herausstellt, der damalige niedersächsische Wissenschaftsminister Thomas Oppermann, der mit seiner Frau eine Fahrradtour unternommen hat. Die Nazis wirken jetzt eingeschüchtert und wagen keine Widerworte gegen ihn. Als auch die Schaffnerin dazukommt, trollen sie sich. Weil er dem Frieden nicht traut, benachrichtigt der Minister den in Göttingen hinter dem Bahnhof stationierten Bundesgrenzschutz, der dann auch mit einer ziemlich großen Truppe den Bahnsteig besetzt. Das ist aber eigentlich nicht mehr notwendig, weil die sechs Nazis in Northeim ausgestiegen sind und sich auch keiner ihrer Kameraden mehr zeigt. Heute morgen erfahre ich in den Nachrichten, daß Thomas Oppermann gestern im Alter von 66 Jahren gestorben ist. R.I.P.

Jauchzet! Frohlocket!

Der Morgen rast wie ein Fuhrwerk im Hohlweg / Rosinen schwimmen weinend im Kaffee / Fürst Ernst verprügelt seinen Stiefelknecht / das Oberstübchen wird herausgeputzt / blankgescheuert der Gedanken Qual // jauchzet / frohlocket / zündet den Erdball an ! Der Mittag döst wie ein Kampfhund an der Kette / Fruchtfliegen tanzen lachend im Balsamico / Herr Karl verkauft dem Führer seine Erstgeburt / das Oberstübchen wird herausgeputzt / blankgescheuert der Gedanken Qual // jauchzet / frohlocket / zündet den Erdball an ! Der Abend schwebt wie ein Kaplan auf Löschpapier / noch ein Schlag Sahne auf den Toast Hawaii / Kartoffeln stoßen auf den Endsieg an / das Oberstübchen wird herausgeputzt / blankgescheuert der Gedanken Qual // jauchzet / frohlocket / zündet den Erdball an !

DADA dreiundzwanzig

Alles zu werden, strömt zu Hauf! Befreit euch gefälligst selbst! Werft eure Unterhosen weg und folgt uns auf Twitter!
DADA dreiundzwanzig Zum neunundneunzigsten Geburtstag Paul Celans präsentierte sich die Beta=Version der Truppe am Göttinger Nabel erstmals inoffiziell der Öffentlichkeit. http://hirtlitschka.de/art/dada/nabel-99-geburtstag-paul-celan/
DADA zum 99. Geburtstag Paul Celan
DADA zum 99. Geburtstag Paul Celan
DADA dreiundzwanzig Nun folgte im Rahmen der Juli=Veranstaltung der Offenen Lesebühne Göttingen die offizielle Premiere dieser Göttinger subcutanen Vereinigung für dada, Sprachkunst, Polit=Collagen & niedere Beweggründe. DADA dreiundzwanzig Aufgeführt wurde Peter Walthers Sprech=Miniatur »Etüde für 3 Stimmen & 1 Chor«. https://werkstatt.toebelhuepfer.de/index.php?/archives/79-Etuede-fuer-3-Stimmen-1-Chor-Version-II.html DADA dreiundzwanzig Das sind Chrisy, Uli & Peter
DADA 23 Offenen Lesebühne
DADA dreiundzwanzig auf der Offenen Lesebühne Göttingen
DADA dreiundzwanzig offizieller Twitter=Account: https://twitter.com/DADA__23 offizieller Fediverse=Account https://fimidi.com/@dada23 DADA dreiundzwanzig Die ‹Etüde für 3 Stimmen & 1 Chor› gibt es auch als Kartenset in Briefchen aus Kraftpapier verpackt für 3,50 Euro; nur über PayPal an zerpochen(@)irrationale(.)net; Postanschrift nicht vergessen, wenn die drei fuffzig nicht als Spende gedacht sind.
Etüde Kartenset
Etüde für 3 Stimmen & 1 Chor - Kartenset

Edith

Eine Peinlichkeit sondergleichen wäre es, die Muttergottes mit der Mutter Gottes zu verwechseln. Die ist bekanntlich eine geborene Edith Scharmentke und unübersehbar mit zwei üppig rosigen Fleischereiverkäuferinnen-Oberarmen ausgestattet.

Rezension Herrgott zwo null

»… habe gestern mit großem Vergnügen das Buch „Herrgott zwo null“ gelesen. Ein wunderbares Kaleidoskop von literarischen Anspielungen, phantastischen Spekulationen und überraschenden Synapsenvolten. Als Jugendlicher bekennender Maggi-Trinker kann ich auch die Schmidtsche Obsession absolut verstehen. Und „In the year 2525“ als Quintessenz der vorgeschichtlichen Weisheit und Prophetie von Qochurtzo und seiner Beiliegerin zu belegen, ist einfach wunderbar, samt der Transkription durch Hundertwasser in die Kunst des 20. Jahrhunderts. Überraschend der Schluss mit der Katastrophe von Eschede am Todestag des Heidedichters. Hinweis auf ein metaphysisches Menschenopfer? Kompliment für dieses kleine, feine Stück Literatur – Chapeau!« (Gerd Scherm)